Fissurenversiegelungen: Was sind die Vorteile und Risiken?
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Eine der häufigsten Fragen, die mir gestellt wird, betrifft die Wirksamkeit von Zahnversiegelungen zur Kariesprävention. Viele Eltern sind unsicher, ob diese schützende Schicht auf den Zähnen ihrer Kinder tatsächlich einen echten Unterschied macht oder ob es alternative Methoden gibt, die ebenso effektiv sein können. In diesem Blogpost werde ich die wichtigsten Aspekte von Zahnversiegelungen beleuchten und ihre Vor- und Nachteile erläutern. So erhältst du umfassende Informationen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen.
Was sind Fissurenversiegelungen und welche Rolle spielen sie?
Vielleicht hast du es schon festgestellt: Während sich die glatten Zahnflächen normalerweise leicht reinigen lassen, machen dir die unregelmäßigen Kauflächen oft Schwierigkeiten. Zwar kommt die Zahnbürste gut über die Höcker und breiten Vertiefungen, doch tiefe Rillen und kleine Grübchen sind schwer zu erreichen. Auch bei gründlicher Mundhygiene können Essensreste und kariesfördernde Bakterien in diesen schwer zugänglichen Bereichen verbleiben. Dort herrschen ideale Bedingungen für Bakterien, um sich anzusiedeln und zu vermehren. Besonders bei Kindern sind diese Stellen besonders anfällig für Karies. Eine Versiegelung dieser Fissuren soll verhindern, dass Bakterien in die Zahnsubstanz eindringen und dort Schaden anrichten. Aus diesem Grund empfehlen viele Zahnärzte schon ziemlich früh eine Fissurenversiegelung.
Wie werden Zahnversiegelungen aufgetragen?
Bei einer Versiegelung werden die Fissuren mit einem speziellen Material (in der Regel Kunststoff) verschlossen. Das verhindert das Eindringen von Bakterien und damit das Entstehen von Fissurenkaries.
- Reinigung: Der Zahn wird gründlich gereinigt, um Plaque und Essensreste zu entfernen. Der Zahn sollte kariesfrei sein.
- Trocknung: Der Zahn wird sorgfältig getrocknet, um sicherzustellen, dass das Versiegelungsmaterial gut haftet.
-
Zahnschmelz vorbereiten
Der Zahnschmelz wird mit einer Säure behandelt, um die Oberfläche aufzurauen und eine bessere Haftung zu ermöglichen. - Auftragen: Das Versiegelungsmaterial wird auf die Kaufläche aufgetragen.
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Aushärtung
Das Versiegelungsmaterial wird durch ein spezielles Licht ausgehärtet. -
Überprüfung und Anpassung
Nach der Aushärtung wird geprüft, ob die Kauflächen gut zueinander passen. Gegebenenfalls werden Unebenheiten durch Politur korrigiert. -
Fluoridierung
Zum Abschluss der Behandlung wird der Zahn in der Regel fluoridiert.
Kann man Zahnversiegelungen auf bereits kariöse Zähne auftragen?
Zahnversiegelungen sollten nicht auf bereits kariöse Zähne aufgetragen werden. Wenn Karies vorhanden ist, muss diese zunächst behandelt werden, um den Zahn vollständig zu restaurieren, bevor eine Versiegelung angebracht werden kann.
Wie lange halten Zahnversiegelungen?
Zahnversiegelungen haben in der Regel eine Haltbarkeit von sieben bis zehn Jahren. Es ist jedoch wichtig, sie regelmäßig kontrollieren zu lassen, um sicherzustellen, dass sie noch vollständig intakt sind und keine Schäden aufgetreten sind.
Bei bestimmten Patienten kann die Lebensdauer der Versiegelungen kürzer ausfallen, insbesondere bei:
- Patienten, die ihre Zähne stark zusammenbeißen oder knirschen
- Personen, die Ihre Zähne nicht ausreichend pflegen
- Patienten, die sich von stark zucker- und säurehaltigen Nahrungsmitteln ernähren
In solchen Fällen kann es erforderlich sein, die Versiegelungen häufiger zu überprüfen und gegebenenfalls nachzubessern.
Funktionieren Zahnversiegelungen wirklich?
Zahnversiegelungen sind darauf ausgelegt, Karies zu verhindern, und können ihre Aufgabe erfüllen, wenn sie präzise und zum optimalen Zeitpunkt eingesetzt werden.
Forschungsergebnisse zeigen, dass Versiegelungen in der Regel die Häufigkeit von Karies reduzieren. Dennoch sind weiterführende Langzeitstudien notwendig, um die Langzeitwirksamkeit vollständig zu bewerten.
Eine Analyse aus dem Jahr 2017 legt nahe, dass „Versiegelungen, die auf die Kauflächen der bleibenden Backenzähne aufgebracht werden, im Vergleich zu unbehandelten Zähnen die Kariesrate senken.“ Es wurde jedoch auch festgestellt, dass „weitere Studien mit längeren Beobachtungszeiträumen erforderlich sind, um die Effektivität der Versiegelungen in Bezug auf unterschiedliche Kariesrisiken besser zu verstehen.“
Ein Bericht der CDC aus dem Jahr 2016 zeigt, dass „Kinder ohne Versiegelungen nahezu dreimal so viele Kariesfälle in den bleibenden ersten Backenzähnen hatten wie solche mit Versiegelungen.“
Es ist wichtig zu beachten, dass in diesen Untersuchungen keine Berücksichtigung von Faktoren wie Ernährung, Mundhygienegewohnheiten oder der Häufigkeit der zahnärztlichen Betreuung während des Studienzeitraums vorgenommen wurde. Stattdessen wurden nur demografische Faktoren wie Geschlecht, ethnische Herkunft, Familieneinkommen und das Bildungsniveau der Eltern berücksichtigt.
Aus diesem Grund sollten die Ergebnisse dieser Studien mit einer gewissen Skepsis betrachtet werden.
Risiken von Zahnversiegelungen
Es ist wichtig, sich der potenziellen Risiken von Fissurenversiegelungen bewusst zu sein, auch wenn sie allgemein als sicher gelten.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es leider nicht selten vorkommt, dass Karies unter dem Versiegelungsmaterial entsteht.
Das passiert häufig, wenn das Versiegelungsmaterial nicht richtig aufgetragen wird. Für eine erfolgreiche Versiegelung muss die Zahnoberfläche gründlich vorbereitet werden – sie muss komplett glatt und trocken bleiben, damit kein „Luftraum“ zwischen Zahn und Versiegelungsmaterial entsteht. Solche Lufträume sind ein Problem, weil sie es Bakterien ermöglichen, sich dort festzusetzen.
Dies ist häufig der Fall, da die Versiegelungen oft unter Zeitdruck angebracht werden und nicht immer ein Kofferdam verwendet wird. Ein Kofferdam ist eine dünne Gummihülle, die den Zahn während der Behandlung von Speichel und Verunreinigungen schützt. (Meiner Meinung nach sollte ein Kofferdam bei jeder Behandlung Standard sein, doch leider wird er nur selten verwendet. Wie oft hat dein Zahnarzt bei dir schon einen Kofferdam eingesetzt?)
Das große Problem: Wenn Karies unter der Versiegelung entsteht, wird sie oft erst sehr spät entdeckt, da sie nicht sichtbar ist. Das kann dazu führen, dass ein ansonsten gesunder Zahn ernsthaft beschädigt wird, was große Füllungen, Wurzelbehandlungen oder sogar Extraktionen notwendig machen kann.
Deshalb ist es wichtig, dass sowohl Zahnärzte als auch Patienten sich der möglichen Risiken bewusst sind und sicherstellen, dass die Versiegelungen mit größter Sorgfalt angebracht werden.
Also sind Zahnversiegelungen doch zu empfehlen?
Ob Zahnversiegelungen sinnvoll sind, lässt sich nicht pauschal beantworten, da jeder Fall einzigartig ist. Wir haben alle unterschiedlichen Bedürfnisse und Gegebenheiten. Je nach individueller Situation empfehle auch ich Zahnversiegelungen, jedoch stets unter strengen Kriterien. Bei der Anwendung sollte besonderes Augenmerk auf spezielle Techniken gelegt werden und dein Zahnarzt sollte sich die Zeit nehmen, um den Zahn gründlich zu untersuchen, ihn sorgfältig zu reinigen und ihn vollständig trocken zu halten. Ich persönlich habe immer schon mit Lupen gearbeitet, um sicherzustellen, dass die Versiegelung so präzise und gründlich wie möglich aufgebracht wird.
Wann Zahnversiegelungen vorteilhaft sein könnten:
- Kinder mit tiefen Fissuren in ihren Backenzähnen: Diese Rillen sind schwer zu reinigen und anfällig für Karies.
- Kinder mit hohem Kariesrisiko: Dazu zählen Kinder, deren Ernährung stark zucker- und säurehaltig ist oder Kinder, die eine unzureichende Zahnpflege haben. Natürlich sollte hier zunächst versucht werden, die Essgewohnheiten anzupassen und die Zahnpflege zu verbessern. In manchen (seltenen) Fällen ist dies jedoch nicht immer möglich oder ausreichend.
- Kinder mit besonderen Bedürfnissen: Die Zahnpflege oder Ernährung kann aufgrund von körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen schwierig sein.
Woraus bestehen Versiegelungsmaterialien und welche Problematik gibt es mit BPA?
Ein weiteres Risiko, das jeder beachten sollte, sind die Materialien, die in Zahnversiegelungen verwendet werden.
Die meisten Zahnversiegelungen enthalten BPA (Bisphenol A) und/oder Bis-GMA. Beide Substanzen sind als endokrine Disruptoren bekannt und sollten bei heranwachsenden Kindern grundsätzlich vermieden werden.
Eine Studie aus dem Jahr 2012 hat gezeigt, dass BPA, Bis-DMA und Bis-GMA eine östrogene Wirkung haben können. Das liegt daran, dass BPA in seiner Struktur nicht spezifisch an die Östrogenrezeptoren im Körper bindet. Diese Erkenntnisse haben ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von Zahnversiegelungen aufgeworfen.
Es wird behauptet, dass der BPA-Gehalt in den Versiegelungen sehr gering ist, und es deswegen keine gesundheitlichen Gefahren mit sich bringt. Allerdings sehe ich das etwas anders. Wir sind nicht nur durch Zahnversiegelungen, sondern durch viele andere Quellen in unserer Umwelt ständig BPA ausgesetzt. Diese Exposition geschieht über lange Zeiträume hinweg und kann sich kumulativ auswirken. Daher halte ich es für wichtig, auch die geringe Menge in Zahnversiegelungen kritisch zu betrachten.
Frag einfach deinen Zahnarzt, welche Materialien er für die Versiegelungen verwendet. Es gibt auch BPA-freie Versiegelungsmaterialien. Allerdings muss ich dazu sagen, dass wir Zahnärzte zwar vieles wissen, aber natürlich nicht alles 😉. Wir können nicht immer zu 100% sicher sein, was genau in den Materialien steckt, da Hersteller nicht immer verpflichtet sind, alle Inhaltsstoffe anzugeben.
Was soll ich jetzt tun, ich bin mir nicht sicher, ob eine Fissurenversiegelung das Richtige für mich oder meine Kinder ist?
Wenn du unsicher bist, ob eine Fissurenversiegelung für dich oder deine Kinder die richtige Wahl ist, gibt es leider keine universelle Antwort, die für jeden passt. Die Entscheidung hängt stark von deiner individuellen Situation ab, und es gibt kein eindeutiges „richtig“ oder „falsch“.
Du kennst dich und deine Familie am besten. Wenn in deiner Familie ein hohes Risiko für Karies besteht, sei es durch ungesunde Ernährung oder durch besondere Bedürfnisse einiger Familienmitglieder, könnte eine Fissurenversiegelung eine Überlegung wert sein. Natürlich kann es schwierig sein, die Mundhygiene und Essgewohnheiten deiner Kinder immer perfekt zu kontrollieren, aber du hast den besten Überblick über eure spezifischen Herausforderungen.
Es ist wichtig, einen Zahnarzt zu finden, dem du vertraust und der sich Zeit für dich und deine Kinder nimmt. Ein guter Zahnarzt sollte euch umfassend informieren, alle Fragen beantworten und bestenfalls auch gesündere Materialien verwenden. Einige Zahnärzte arbeiten auch mit Ozon, um die Zahnoberflächen zu desinfizieren, was eine zusätzliche Schutzmaßnahme darstellen kann.
Du solltest dich bei deinem Zahnarzt wohlfühlen. Du hast IMMER das Recht, Fragen zu stellen. Es ist vollkommen in Ordnung, Bedenken zu äußern und Vorschläge abzulehnen, mit denen du nicht einverstanden bist. Letztlich ist es wichtig, dass du Entscheidungen triffst, die für deine Familie am besten sind und die dir ein gutes Gefühl geben.
Denk daran, dass die wichtigste Grundlage für die Zahngesundheit eine gesunde Ernährung und eine gründliche Zahnpflege-Routine ist.
Unsere Vorfahren haben Millionen von Jahren ohne Zahnversiegelungen überlebt und dabei ihre gesunden Zähne behalten. Sie haben ihre Zahngesundheit durch natürliche, nährstoffreiche Lebensmittel bewahrt.
Es gibt zahlreiche bewährte Strategien, um deine Zähne gesund zu halten und Karies zu vermeiden:
- Setze auf eine ausgewogene Ernährung: Eine Ernährung, die reich an natürlichen, nährstoffreichen Lebensmitteln ist, fördert die Zahngesundheit. Vermeide zuckerreiche Snacks und Getränke.
- Behalte deinen Nährstoffstatus im Auge: Dein Körper benötigt eine Vielzahl von Nährstoffen, um Zähne und Zahnfleisch gesund zu halten. Lasse 1-2x im Jahr deinen Nährstoffstatus überprüfen und besprich etwaige Mängel mit deinem Arzt. Gegebenenfalls kann er dir gezielte Therapien oder Nahrungsergänzungen empfehlen.
- Pflege deine Zähne gründlich: Putze deine Zähne mindestens zweimal täglich mit einer hydroxylapatithaltigen Zahnpasta (wie die von Wild Origins). Ergänze dies durch die regelmäßige Verwendung von Zahnseide, um auch schwer erreichbare Stellen zu reinigen. Reinige zusätzlich deine Zunge, um Bakterien und Beläge zu entfernen, und ziehe in Erwägung, das Ölziehen zu praktizieren, um versteckte Bakterien aus schwer erreichbaren Bereichen zu entfernen.
- Trinke ausreichend Wasser: Wasser unterstützt die Speichelproduktion, die wichtig für die Remineralisierung der Zähne ist und hilft, Nahrungsreste und Bakterien aus dem Mund zu spülen. Dies trägt zur natürlichen Reinigung der Zähne bei.
- Vermeide ständiges Naschen: Halte dich an regelmäßige Mahlzeiten und reduziere Zwischenmahlzeiten. Häufiges Naschen setzt die Zähne ständig Zucker und Säuren aus, was das Kariesrisiko erhöhen kann.
- Achte auf deine Atmung: Mundatmung kann zu Trockenheit und einem Ungleichgewicht im Mundmikrobiom führen. Falls du durch den Mund atmest, sprich mit deinem Zahnarzt oder Arzt, um mögliche Ursachen und Lösungen zu klären.
- Regelmäßige Zahnarztbesuche: Vereinbare regelmäßige Zahnarzttermine, um deine Zähne kontrollieren zu lassen und frühzeitig mögliche Probleme zu erkennen. Dein Zahnarzt kann dir wertvolle Tipps geben und sicherstellen, dass deine Zahngesundheit auf dem richtigen Weg ist.
Mit diesen Maßnahmen kannst du deine Zahngesundheit effektiv unterstützen und Karies vorbeugen. Durch die Kombination aus gründlicher Zahnpflege, einer gesunden Ernährung und regelmäßigen Zahnarztbesuchen trägst du aktiv zum Schutz deiner Zähne bei.
Egal, welchen Weg du für dich und deine Familie wählst, sei es mit oder ohne Zahnversiegelungen, ich wünsche dir und deinen Liebsten alles Gute auf eurem Weg zu optimaler Zahngesundheit.
Dr. Tudor Tegla
P.S. Hast du schon meine selbst entwickelten Zahncremes probiert?